Samstag, 18. April 2009

Doch nicht China


Heute gabe es eine gute Halbtagesrundfahrt in die New Territories, das Land "dazwischen", wie man hier auch sagt, also zwischen der Kowloon Peninsula und dem chinesischen Festland. 1898 haben es die Briten für 99 Jahre von China hinzu gepachtet, und das Auslaufen dieses Pachtvertrages war der Anlass der Übergabe des gesamten Gebietes von Hong Kong seitens der Briten an die Volksrepublik China am 1. Juli 1997. Seit dem ist Hong Kong (die getrennte Schreibweise entspricht besser dem aus zwei chinesischen Wörtern gebildeten Namen) eine Sonderverwaltungszone (SAR) der VR China mit eigenen Rechten, Gesetzen, Regierung, aber letztlich mit fehlender Souveränität. Die New Territories zeigen einmal die Landschaft des umliegenden Festlandes, dicht bewaldet mit Bergen vulkanischen Ursprungs, zum andern den Ausdehnungsdrang Hong Kongs, das mit derzeit 7 Millionen Menschen eine weiterhin durch Zuzug wachsende Stadt ist. Sehr oft und deutlich wird die Boderline betont, die Hong Kong von China trennt: Man ist sich sehr bewusst, eben nicht China zu sein. Überall auf öffentlichen Gebäuden wehen die Flaggen Hong Kongs und Chinas nebeneinander, aber man vermerkt es doch sehr genau und kritisch, so der Guide, dass auf den Stützpunkten der PLA (Peoples Liberation Army) nur die chinesische Flagge gezeigt werde: Man sei nicht China, sondern etwas Eigenes, die SAR Hong Kong eben. Nun, dieser empfindliche Punkt zeigt, dass der derzeitige politische Zustand Hong Kongs nur so lange gilt, wie es der VR China nützt und sie deswegen keine Veränderung herbei zwingt. Können täte sie ...

Beeindruckend war heute bei der Tour die religiöse Freiheit und Vielfalt, die wir am Beispiel des Yuen Yuen Tempels, einer recht weitläufigen Anlage mit mehreren Tempen, erleben konnten. Nicht weit entfernt steht eine christliche Kirche, wie überhaupt Tempel und Kirchen in Hong Kong sehr lebendig und präsent sind. In der Betonung ihrer religiösen Freiheit erkenne ich auch einen kleinen Stachel gegen die andere, unfreie Praxis in der VR China. Die Menschen in Hong Kong fühlen sich sehr wohl als etwas Besonderes, und sie haben dazu auch allen Grund.

Die Dynamik der Stadt ist wirklich unglaublich, selbst noch in der Krise. Überall wird gebaut, die Geschäfte quellen über vor Waren und Menschen. Vor allem am Wochenende scheinen die jungen Bürger Hong Kongs ihrer Lieblingsbeschäftigung nachzugehen: zu shoppen. Dabei ist das Leben hier teuer, weil das Wohnen so teuer ist: Hong Kong hat eben ein Raumprobem und baut deswegen so hoch! Der neue Turm wird knapp 500 m hoch werden und über 100 Stockwerke haben. Hong Kong baut auf stabilen Fels - und auf Zukunft! Zugleich präsentiert sich Hong Kong mit kulturellen Angeboten internationalen Zuschnitts, demnächst finden wieder die in Asien bedeutenden Filmfestspiele in Hong Kong statt. Man ist sehr stolz, auf diese Weise  in Hong Kong leben zu können. Vielleicht fasziniert mich deswegen diese Stadt und ihr Leben so sehr. Ein wenig sollten speziell die Berliner es den Menschen in Hong Kong nachfühlen können.

Das Wetter wurde zunehmend regnerisch, abends ist es nur noch am Schütten. Leider fällt darum mein letzter Besuch an der Hafenpromenade von Tsin Sha Tsui (Kowloon) aus. Morgen geht es aber auch sehr früh los, damit ich den Flug nach Melbourne um 9 Uhr ab HKG rechtzeitig erreiche. 9 Stunden Flug über 2 Zeitzonen und den Äquator liegen vor mir. Hong Kong allerdings hat sich mir tief eingeprägt; ich möchte diese Stadt und ihre Menschen gerne einmal wiedersehen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen